„Armut denken – Armut lenken. Drucke, Handschriften und Objekte erzählen aus der Frühen Neuzeit (1500-1800)“

Im Juli 2021 wurde die virtuelle Ausstellung eröffnet, die die Evangelischen Stiftungen mit einer Promotionsförderung ermöglicht haben. Die Online-Ausstellung eröffnet den Besucherinnen und Besuchern neue Perspektiven auf ‚Armut‘ und gibt gleichzeitig Einblick in die wissenschaftliche Arbeit der Abteilung Geschichte der Frühen Neuzeit der Universität Osnabrück. Unter dem aktuellen Eindruck der Covid19-Pandemie, die ganz neue Dimensionen der ‚Armut‘ in den Focus rückt, entsteht eine Brücke zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart.

21 Bachelor- und Masterstudierende haben sich unter Leitung von Prof. Dr. Siegrid Westphal und Julia Fesca, M. A. im Wintersemester 2020/21 der Frage angenommen, was genau sich in der Frühen Neuzeit hinter dem Begriff ‚Armut‘ verbirgt. Ausgangspunkt der wissenschaftlichen Arbeit war die Erkenntnis, dass sich ‚Armut‘ nicht einfach definieren lässt. Es handelt sich dabei vielmehr um einen relativen Zustand, der je nach räumlichen, zeitlichen und gesellschaftsstrukturellen Bedingungen variiert. Maßgeblich beeinflusst wird dieser Zustand zudem von der Wahrnehmung durch die betroffene Person selbst sowie durch die der Außenstehenden, wie beispielsweise anderen Gesellschaftsschichten oder Obrigkeiten. Die Frage sollte demnach präziser lauten: Wie wurde in der Frühen Neuzeit über Arme, Armut und die Versorgung Bedürftiger gesprochen?

Die Ausstellung beleuchtet das Denken über Armut aus verschiedenen Perspektiven. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Gebiet des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Punktuell werden auch das Königreich Großbritannien sowie die Alte Eidgenossenschaft miteinbezogen. Die Ausstellung möchte nicht bloß nacherzählen, sondern Veränderungen aufzeigen und für andere Perspektiven sensibilisieren. Hauptquellen sind zeitgenössische Drucke und Handschriften, die von der Universitätsbibliothek extra digitalisiert und bereitgestellt wurden. Insbesondere die Reformationszeit und die Aufklärung gelten als Phasen, in denen neuen Ideen mit Blick auf das Thema Armut entstanden. Vielfach wurden hier Institutionen, Normen und Praktiken entwickelt, die bis in die Gegenwart wirksam sind.

Sieben Stationen, die je einen Aspekt des Themas aufgreifen, führen die Besuchenden zurück in Jahrhunderte, in denen finanziell Schwache äußerlich als solche gekennzeichnet und auch obrigkeitlich stigmatisiert wurden. Unterstützung kam größtenteils aus kirchlich eingerichteten Spendenkästen und es entstanden Stereotype, die teilweise noch heute den gesellschaftlichen Blick auf Armut kennzeichnen. Beispielsweise bildet der heruntergekommene Bettler in zerrissenen Kleidern seit langem ein Symbolbild für Armut.

Jacques Callot: Schwächlicher Bettler, Blatt 13 der Folge „Die Bettler“, 1622/1623. © ETH-Bibliothek Zürich, Graphische Sammlung / D 1099.13 / Public Domain Mark 1.0

 

Ein anderes Exponat zeigt Standorte frühneuzeitlicher Armenhäuser in der der heutigen Stadt Osnabrück.

Daneben ein Epitaph zur Erinnerung an die Stifter Johann und Engelbert Monnicke.

© OpenStreetMap contributers, and the GIS User Community / Pfarrei St. Johann Osnabrück

Die Ausstellung kann unter folgendem Link besucht werden: www.ausstellung-armut-fnz.uni-osnabrueck.de