Wegebau und biologischer Waldschutz im klimagestressten Stiftungswald

20. September 2019

Vor einigen Wochen erreichte die Evangelischen Stiftungen der Brief eines besorgten Bürgers, der Fragen zu den Wegearbeiten am Lüstringer Berg hatte. Der ausführlichen Antwortbrief beschreibt die Situation des klimakranken Waldes und die Bemühungen der Forstleute, die Stiftungswälder zu möglichst klimastabilen und klimaresilienten Ökosystemen weiterzuentwickeln und den Wald für die Menschen in Osnabrück zu erhalten.

Wie überall in Deutschland sind auch die Wälder der Evangelischen Stiftungen klimakrank. Stürme, Dürre und Borkenkäferbefall haben zu einem flächigen Baumsterben in unseren Wäldern geführt. Die dramatische Entwicklung ist nicht zuübersehen, überall Wäldern lassen sich inmitten des Grüns rotbraungefärbte Baumkonen oder sogar ganze Waldstücke ausmachen, die absterben oder abgestorben sind. Ganz besonders sind – wie in ganz Niedersachsen – die Fichten betroffen. Sie waren nicht nur Opfer der Stürme (der von Ihnen beobachtete Waldverlust wurde im Wesentlichen durch Kyrill verursacht), sondern sie haben als Folge der Dürre auch weniger Abwehrkräfte und sind anfälliger für Borkenkäferbefall. Leider sind auch viele der Jungpflanzen, die wir in den vergangenen Jahren gepflanzt hatten, in den Dürresommern der letzten Jahre vertrocknet.

Biologischer Waldschutz gegen den Borkenkäfer

Die Evangelischen Stiftungen haben beschlossen, keine Pestizide einzusetzen, sondern zu versuchen, unseren Wald nach dem Prinzip des biologischen Waldschutzes gegen den Borkenkäfer zu verteidigen. Das bedeutet, dass unsere Forstleute im Dauereinsatz sind, um befallene Bäume frühzeitig zu erkennen und notzuernten. Die vom Borkenkäfer befallenen Bäume müssen so schnell wie möglich aus dem Wald gebracht werden, um eine weitere Ausbreitung der Käfer und den Befall noch lebender Bäume zu verhindern. Die Fällung der befallenen Bäume erfolgt vorzugsweise mit einem Harvester, da so bereits 80 {e01aaeacfa2935e0891424b170f72c3bcb060844fa45927393985e1192cd74cc} der Käferpopulation abgetötet werden können. Aber auch die an den gefällten Bäumen verblieben Käfer stellen eine große Gefahr für die noch gesunden Bäume dar: Ein Borkenkäferweibchen kann 100.000 Nachkommen produzieren.

Wegebau ist unerlässlich

Leider ist es uns derzeit nicht möglich, die großen Holzmengen direkt an die Sägewerke weiterzugeben, darum muss das geerntete „Käferholz“ gelagert werden – mindestens 500 Meter entfernt von den noch gesunden Fichten. Nur so können zum einen die gesunden Bäume geschützt und zum anderen das Holz später für hochwertige Holzprodukte, zum Beispiel im Hausbau, sinnvoll genutzt werden. Einen solchen Lagerplatz haben wir dort Lüstringer Berg eingerichtet. Für die Einrichtung des Lagerplatzes mussten keine Bäume gefällt werden. Der Wegebau, wie sie ihn in Lüstringen beobachtet haben, ist unerlässlich, um Holz transportieren zu können. Modernste Maschinen ermöglichen uns eine boden- und baumschonende Waldbewirtschaftung. Voraussetzung dafür ist ein gut strukturierte Waldwegenetz. Nur auf den teils befestigten Forststraßen und Gassen dürfen sich die Fahrzeuge und Forstspezialmaschinen bewegen. Der weitaus größere Teil des Waldbodens bleibt dabei völlig unberührt. Diese Forststraßen sind auch Voraussetzung, um unsere Wälder für die Osnabrücker Bürgerinnen und Bürger zu erschließen, denn nur so kann die Zufahrt – beispielsweise von Rettungsfahrzeugen und Löschfahrzeugen gewährleistet werden.
Selbstverständlich wurden die von Ihnen beschriebenen Wegebaumaßnahmen vorab mit dem Forstamt und der Stadt als Genehmigungsbehörde abgestimmt.

© Susanne Roth Unter der Rinde wächst bereits die nächste Generation der Borkenkäfer (Larven und Puppen) heran

Entscheidungen für die Zukunftswälder von morgen

Wir stehen vor einer echten Herkulesaufgabe: Wir müssen in unseren Wäldern heute Entscheidungen treffen, mit denen unsere Enkel und Urenkel leben müssen. Bei allen Prognosen weiß tatsächlich niemand, wohin uns der Klimawandel führen wird und welche Bäume und welche Waldtypen in 200 Jahren in Deutschland noch wachsen können. Das Ziel unserer täglichen Arbeit im Wald ist – neben der akuten Schadensbegrenzung – die Weiterentwicklung der Wälder zu möglichst klimastabilen und klimaresilienten Ökosystemen. Wir setzen alles daran, den Wald in Osnabrück zu erhalten.Dabei fühlen wir uns den Menschen in Osnabrück und dem Gemeinwohl in besonderer Weise verpflichtet, und wir benötigen dazu die Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger in Osnabrück. Darum ist es mir auch ein Anliegen, Ihre Fragen und Anmerkungen umfassend aufzugreifen und zu beantworten. Ich hoffe, dass ich mit meinem Brief einen Beitrag dazu leisten konnte. Natürlich lade ich Sie auch gerne ein, die Situation mit unseren Forstleuten vor Ort zu besprechen.

Mit freundlichen Grüßen

Johannes Andrews