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Leitbild Menschlichkeit

Unser Leitbild ist Menschlichkeit. Es steht in Einklang mit dem christlichen Menschenbild, das sich aus der Barmherzigkeit Gottes ableitet. Danach hat jeder Mensch das Recht auf ein menschenwürdiges Leben und einen respektvollen Umgang.

Gute Projekte brauchen gute Seelen

Sie packen mit an, organisieren, sprechen Mut zu, trösten, muntern mit einem Lächeln auf. Sie reichen Mitmenschen in schwierigen Lebenssituationen ohne viel Aufhebens eine helfende Hand. Sie geben ihre Zeit, ihre Energie und ihr Herz, um das Leben von anderen besser zu machen. Ehrenamtliche Helfer sind die stillen Helden unserer Gesellschaft. Sie erinnern uns daran, dass Taten zählen. Dass Reden nicht ausreicht, um das Leben von Menschen zu verändern. Ehrenamtliche füllen die Grundsätze der Nächstenliebe und Nachbarschaftshilfe mit Leben.

Viele der wunderbaren Projekte, die wir fördern, wären ohne die vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer kaum möglich. Mehr als Grund genug, sie einmal ins Licht zu rücken. Wir möchten hier in unregelmäßiger Reihenfolge Ehrenamtliche zu Wort kommen lassen.

Zu unseren anderen Ehrenamtlichen


Rüdiger Berger

Rüdiger Berger ist seit mehr als 5 Jahren an zwei halben Tagen pro Woche bei der Bahnhofsmission in Osnabrück tätig. Im „Außendienst“ hilft er Fahrgästen auf dem Bahnsteig, beispielsweise wenn ein Kinderwagen aus dem Zug bugsiert werden muss. Im „Innendienst“ steht er den Gästen zur Seite, oftmals Wohnungslose, alkohol- oder drogenabhängige, psychisch kranke oder einsame Menschen, die sich in der Bahnhofsmission aufwärmen, dort nach frostigen Nächten Schlaf nachholen, hungrig sind oder einfach Gesellschaft suchen. Er serviert ihnen einen Kaffee, ein belegtes Brot oder auch mal eine Suppe. Er hört zu, schenkt Aufmerksamkeit oder unterstützt bei behördlichen Angelegenheiten.


Herr Berger, was war Ihr bisher schönstes Erlebnis in der Bahnhofsmission?

Es gibt ständig Situationen, die mich berühren. Aber zwei sehr besondere Momente, die ich nennen möchte. Einmal kam ein Gast in unsere Stube und wollte mit mir sprechen. Der Gast war sehr bedrückt, er war davon überzeugt, ein schlechter Mensch zu sein, da er nicht regelmäßig in die Kirche ginge und auch zu wenig betete. Wir haben 20 Minuten gesprochen und ich habe ihm versucht zu sagen, dass er trotzdem ein guter Mensch ist. Ich merkte aber, dass er diese Bestätigung von anderer Stelle brauchte. Also riet ich ihm, er solle eine Kirche aufsuchen und mit einem Pfarrer sprechen. Es hat lange gedauert, bis er den Mut dazu fand, obwohl der Gedanke ihn wirklich plagte. Einige Zeit später kam er wieder zu mir und strahlte mich an. Mit breitem Lächeln und sichtbarer Erleichterung hat er mir gesagt, dass die Pfarrerin ihn auch nicht für einen schlechten Menschen hält. Ich habe mich sehr mit ihm gefreut, dass ihm diese Last genommen war und ich dabei behilflich sein konnte.

Das zweite Erlebnis war in den ersten Tagen des Ukraine-Krieges. Am Bahnhof kam eine große Gruppe von Flüchtlingen aus der Ukraine an, darunter sehr viele Kinder. Ich habe die Gruppe erst einmal mitgenommen in unsere Stube und wir haben sie mit Getränken und einem Imbiss versorgt. Zufällig hatten wir gerade viele Süßigkeiten gespendet bekommen, die wir an die Kinder verteilt haben. Ein Gast, den wir schon länger kennen, war auch bei uns. Er war für seine schlechte Laune bekannt, schimpfte ständig laut und über alles. Ich hatte wirklich Sorge, ob das mit ihm gut gehen würde, denn mir war wichtig, dass sich alle willkommen fühlen. Aber später sah ich, wie die Kinder draußen auf dem Bahnsteig ihre Süßigkeiten mit ihm teilten. Und er strahlte und lachte so glücklich. Ich hatte ihn bis dahin noch nie lächeln sehen. Das war sehr beglückend.
 

Wie kamen Sie zu Ihrer Tätigkeit?

Ich habe bis zur Rente immer sehr viel gearbeitet, war ein Workaholic. Ich wusste, ich brauche nach dem Arbeitsleben eine Aufgabe. Eines Tages stieg ich am Bahnhof aus dem Zug und beobachtete einen jetzigen Kollegen, wie er einer alten Dame am Bahnsteig half. Da wusste ich, das ist was für mich. Ich habe mich beworben und wurde genommen.

Was ist Ihr Motiv, sich ehrenamtlich zu engagieren?

Zum einen brauche ich eine sinnvolle Tätigkeit. Und hier in der Bahnhofsmission kann ich das leben und weitergeben, was mir im Umgang mit Menschen wichtig ist: Respekt, Augenhöhe, Zuwendung, Unterstützung, ich kann meine Stärken einbringen. Die Dankbarkeit, die zurückkommt, macht mich sehr zufrieden. Manchmal reicht ein dankbarer Blick, es muss gar nicht viel gesagt werden.

Was lernen Sie aus Ihrem Ehrenamt oder was nehmen Sie für sich mit?

Ich lerne immer, bei jedem Einsatz. Die Aufgabe ist nicht immer einfach, sehr vielfältig und manchmal zwischenmenschlich herausfordernd. Wenn ich nach Hause gehe und mir sagen kann, dass ich eine schwierige Situation gut gelöst habe, dann ist das ein Erfolgserlebnis. Abgesehen davon, dass ich mich jedes Mal freue, geholfen zu haben. 

Und meine Ausdrucksweise hat sich nochmal verändert, seit ich hier tätig bin. Ich achte seitdem sehr auf eine respektvolle Sprache, spreche beispielsweise nicht mehr von „Leuten“, sondern nur noch von Menschen, ich vermeide jegliche sprachliche Abwertungen. Ich finde, wir müssen alle viel sensibler miteinander umgehen.